Undergroundfilm

Undergroundfilm
Un|der|ground|film, der:

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Undergroundfilm
 
['ʌndəgraʊnd-, englisch], der nonkonformistische Film; nach 1968, gesellschaftspolitisch interpretiert, auch Avantgarde- und Experimentalfilm. U. werden 1) finanziell unabhängig von der kommerziellen Produktion hergestellt und ausgewertet, 2) künstlerisch alternativ zu den etablierten Formen gestaltet, 3) thematisch provokativ von anstößig-tabuisierten oder sinnlosen Inhalten bestimmt. Niedriger Produktionsaufwand und, bei eingeschränkter Publikumsresonanz, geringe Einnahmen, Versuche zur Beeinflussung von Wahrnehmungs- und Erkenntnisinteressen bei den Zuschauern, Auseinandersetzungen um Form und Inhalt mit staatlichen Ordnungsorganen (Zensur) und gesellschaftlichen Gruppen sind für den U. konstitutiv.
 
Nach dem abstrakten Trickfilm und dem Surrealismus (J. Cocteau, L. Buñuel) stagnierte der U. in den 30er-Jahren durch Produktionserfordernisse des Tonfilms und die Wirtschaftskrise, in den 40er-Jahren durch Kriegseinschränkungen; seine Gestaltungsmittel nutzten Werbung und Propaganda verstärkt; Exileuropäer verbreiteten seine Intentionen in der Neuen Welt. Den mehr individualistischen und experimentellen U. Ende der 40er- und in den 50er-Jahren folgten, erleichtert durch verbilligte und vereinfachte Geräte, in den 60er-Jahren das gesellschaftliche wie politische Engagement der U.-»Macher« und ihre Selbstorganisation. Zu den Protagonisten gehörten in den USA J. Cassavetes (»Schatten«, 1958), K. Anger (»Scorpio rising«, 1964), später A. Warhol, in Deutschland dann Hellmuth Costard (* 1940, »Besonders wertvoll«, 1968), R. von Praunheim (»Die Bettwurst«, 1971), in Österreich O. Muehl (»Oh Tannebaum«, 1964). Die Entwicklung seit den 70er-Jahren ist durch kostenmindernde Produktions- und Vertriebsformen der Videoapparaturen und durch Programmbedarf und -vielfalt des Fernsehens bestimmt, das U. auch in seine Randgruppenangebote aufnimmt. Formal und gestalterisch experimentelle U. (Vlado Kristl, * 1923, »Elektromobil«, 1992) treten gegenüber gesellschaftlich-politisch engagierten, weniger anstößigen U. zurück (Christoph Schlingensief, * 1960, »Das deutsche Kettensägenmassaker«, 1991).
 
 
B. Hein: Film im Underground (1971);
 S. Renan: The underground film (Neuausg. London 1971);
 H. Scheugl u. Ernst Schmidt jr.: Eine Subgesch. des Films, 2 Bde. (1974);
 
To free the cinema. Jonas Mekas & the New York underground, hg. v. D. E. James (Princeton, N. J., 1992);
 P. Tyler: Underground film (Neuausg. New York 1995).

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Un|der|ground|film, der: vgl. ↑Undergroundmusik.

Universal-Lexikon. 2012.

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